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220241

(1993) Die literarische Moderne in Europa 1, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Erschriebene Moderne

Ortrud Gutjahr

pp. 370-397

"Wie ist es möglich zu leben, wenn doch die Elemente dieses Lebens uns völlig unfaßlich sind?"1 So hat Rilke in einem Brief vom B. November 1915 die Fragestellung seines Romans Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge und mithin das Zentralproblem der Moderne umrissen. Rilkes einziger Roman, den er am B. Februar 1904 in Rom begann und erst am 27. Januar 1910 in Leipzig beendete, markiert für sein Werk eine selbstreflektorische Zäsur und darüber hinaus für die Geschichte des Romans in Deutschland eine epochale Veränderung. Mit der Erkenntnis, daß die Welt sich so radikal verändert hat, daß sie mit herkömmlichen Mitteln unsagbar geworden ist, beginnt aus dem Bruch mit der Erzähltradition ein neues Erzählen, dem ein Schwellenbewußtsein inhärent ist. Denn die Unfaßlichkeit des Lebens zur Darstellung zu bringen, bedeutete Rilke nicht nur selbstgestellte Aufgabe, sondern erwuchs ihm als Forderung der anbrechenden Epoche, die sich selbst nicht mehr als "epochale Einheit"2 zu erfassen vermag. Sie erwuchs ihm als Forderung einer zu gewinnenden literarischen Moderne, zu deren Bildner er mit seinem Roman wurde.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-322-93604-2_16

Full citation:

Gutjahr, O. (1993)., Erschriebene Moderne, in S. Rothemann, H. J. Piechotta & R. Wuthenow (Hrsg.), Die literarische Moderne in Europa 1, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 370-397.

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